Sonntag, 13. September 2009

Sturmbezwinger!

Es ist Nacht. Zwar will uns das Schiff mit seinen sanften Bewegungen in den Schlaf wiegen, doch ich bin längst hellwach. Das Geräusch, das mich weckte, kam mir vom letzten Törn nur allzu bekannt vor. Im Rigg nämlich schlagen lose Leinen an die Wanten und an den Mast. Dazu pfeift es durch das Rigg. Ganz klare Sache: Der Wind wird immer stärker. Und immer wieder prasseln kurze Schauer über das Deck. Das kann ja morgen was werden, denke ich mir noch und träume auf einmal wieder von günstigen Winden und dem Schaukel auf dem Meer.
Es ist morgens und wir stehen auf. Dicke Regenwolken hängen über uns. Frühstück gibt’s nur unter Deck, denn draußen regnet es immer wieder. Dann machen wir alles klar zur Abfahrt. Die Klamotten werden gesichert. Die Route eingegeben. Ich verlängere die luvseitigen Vorderleinen, um nachher kontrolliert aus der Box zu kommen. Unsere Liegeplatznachbarn haben dieselbe Idee und helfen mir. Wir kommen kurz ins Gespräch und es stellt sich heraus, dass sie unseren Windschatten noch für das Ablegemanöver nutzen wollen. Gerne warten wir und gucken zu – vielleicht lernen wir ja noch etwas!
Unsere Nachbarn kommen mit dem Heck in den Wind aus unserem Windschatten, drehen weg und mit der Nase zu uns. Gerne springe ich ein und drücke sie von unserem Boot weg. Ich kenne das ja nur zu gut...Und dann sind wir dran. Es gelingt ein perfekter Ableger.
Wir haben Nordwind, der uns auf Raumwind- und Vorwindkurs recht sicher nach Haus bringen wird. Ich entscheide, nur das Groß zu setzen – In Erinnerung an die Fahrt von Hiddensee nach Stralsund ist es mir nichts, das Genua zu setzen. Der Plan geht au
f und wir haben gute Fahrt bei stabilem Kurs.
Weiter draußen wird es ungemütlicher. Die Wellen werden immer höher. Ab und zu kommt eine Riesenwelle vorbei und ich bin immer noch etwas unsicher, wie ich sie aussteuern soll. Ab und zu drehe ich mich um und sehe Mo’s herrlichen Blick nach achtern. Dort nämlich glitzert die Sonne im Wasser, der Himmel ist oft blau und man sieht genau, wenn eine Welle näher kommt. Ein schöner Anblick. Und ich fange an zu träumen, wie es wohl wäre, auf dem Ozean und mit Autopilot selbst diesen Blick genießen zu können.
Irgendwann drehe ich mich mal wieder um und sehe nun keinen blauen Himmel mehr, eher eine krasse Regenfront. Der Wind nimmt nicht zu, die Wellen auch nicht. Ich denke mir, ach das wird nur nass und gut ist. Als es anfängt zu regnen sage ich meine Mannschaft, dass sie gern runter gehen kann.
Doch was ist nun los? Nicht nur Regen, nein auch heftigster Wind schlägt auf einmal ins Segel. 30, 35, 38 Knoten misst der Windmesser auf einmal, und wir haben achterlichen Wind, der gemessene scheinbare Wind ist also noch etwas schwächer als der wahre Wind.
Irgendwann müssen wir auf Halbwind wechseln. Der Wind drückt uns von backbord kommend ganz schön auf die Seite. Dazu kommt die See von de
rselben Seite und versetzt unsere Caro ordentlich in Bewegung. Endlich kann ich irgendwann an der Greifswaldtonne wieder auf Raumwindkurs gehen.
Ein ziemlich großes Schiff tutet auf einmal und will vorbei. Ich mache Platz, muss dazu aber halsen. Und das bei diesem starke Wind. Die Halse sieht ganz schön unkontrolliert aus, aber gut, sie gelingt und das Segelschulschiff kann passieren. Und dann geht es heim.
Kurz vor der Hafeneinfahrt in Wiek beordere ich meine Mannschaft an Deck zum Segelbergen. Etwas grün im Gesicht wird aller Mut zusammengenommen und meinem Befehl gehorcht. So muss eine gute Mannschaft sein! Allerdings stelle ich fest, dass es nur unter Genua zu fahren deutlich besser gewesen wäre. Dann nämlich hätte ich ganz allein die Segel bergen können. Und unkontr
ollierte Halse hätte es auch nicht gegeben.
Dann hat es ein Ende mit der Schaukelei. Unter Motor tuckern wir auf die Wieker Brücke zu und machen fest. Wieder ein Törn vorbei – und es wird der letzte dieses Jahr gewesen sein. Nachdem uns ein Schauer beim Ausräumen des Bootes noch ordentlich eingenässt hat, kommt pünktlich zum Abstieg aus dem Boot dei Sonne durch. Prima, lieber Wettergott!
Was habe ich d
ieses Mal gelernt? Nun ja, Mannschaftsführung gehört immer noch zu meiner größten Schwäche. Ich erkläre zu wenig. Das muss sich ändern. Außerdem muss jeder an Bord eine Klampe belegen können, das wird wohl in Zukunft die Matrosenprüfung werden. Bei stärkerem Wind sollte man kein Groß setzen, das bekommt man nämlich nicht so leicht wieder herunter, vor allem nicht, wenn man allein ist. Also in Zukunft schön unter Genua in den Wind, wenn‘s zu heftig wird. Und zu guter letzt: Ein größeres Boot ist gar nicht so problematisch, solange man es noch per Hand abstoßen und bewegen kann.
Und nun im Winter? Jetzt steht der nächste, höhere Segelkurs an. Außerdem die Bootsmessen in Berlin und Düsseldorf. Und eine kleine Jolle soll angeschafft werden, für wunderbare Wochenenden am Wannmeer. Und es gibt noch viele Bücher zu lesen! Ich denke so lässt es sich den Winter über aushalten!

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