Dienstag, 25. Oktober 2011

Neue Mastlegetechnik

Die Idee kommt nicht von mir. Vielmehr hat sich einer der zahlreichen Geschäftsführer meines derzeitigen Arbeitgebers eine interessante Konstruktion einfallen lassen. Es kann sein, dass diese bei Booten mit Mastlegevorrichtung verbreitet ist, ich jedoch hab sowas und vor allem kenne sowas nicht.

Die Idee ist denkbar einfach. Zwischen Fockfall oder Vorstag und dem Boot wird ein Flaschenzug gesetzt, der das kontrollierte Absenken des Mastes (und auch das Aufstellen) ermöglicht. Außerdem kann man so von jedem beliebigen Punkt am Boot (ausreichend langer Flaschenzug vorausgesetzt) diesen führen oder bedienen. Als Flaschenzug habe ich einfach die Großschot eingesetzt.
Dankenswerter Weise hat mir Mathias geholfen – zu schlecht waren die Erinnerungen an das Desaster im Vorjahr. So konnte sich einer ganz auf die Bedienung des Großfalls und einer auf den Mast konzentrieren. Geklappt hat es so gut, dass ich es wohl nächstes Jahr wieder alleine probieren werde. Und weil beim Aufstellen man so an der Großschot zieht, dass diese sich automatisch am Feststeller fest zieht und somit nur in eine Richtung arretiert werden kann, werde ich das Aufstellen des Mastes wohl ohnehin solo erledigen.

Samstag, 6. August 2011

Rekord!


Eigentlich hatte ich mit der Saison schon abgeschlossen. Eigentlich dachte ich, naja, ich komme vielleicht noch eins zwei Mal zum Baden raus und dann war es das. Eigentlich dachte ich, einen neuen Rekord werde ich diese Saison nicht mehr aufstellen. Eigentlich.
Manchmal kommen die Dinge aber anders. Dies bedurfte aber mehrerer Zutaten:
1. Ein Besuch meines Nichtchens samt Freundin,
2. Die außerordentlich hohe Motivation dieser Personen,
3. Einen unerwartet sonnigen und windoptimalen Tag, völlig entgegengesetzt zur Wetterprognose,
4. Ausreichend Zeit.
Der Plan war denkbar einfach: Mein Besuch kommt angereist, das Wetter wird gut und wenn wir richtig gut sind, aber nur dann – so der Plan, dann schaffen wir es vielleicht auch bis zum Wannsee. Das wäre aber recht unrealistisch, das hab ich schließlich noch nie geschafft. Einfach mal gucken, wie lange es Spaß macht. Es hat dann aber ziemlich lange Spaß gemacht!
Bei schönem Wind aus Südost musste nämlich erstmal aufgekreuzt werden. Und da gab es einiges zu tun. Denn mir nichts dir nichts ist da schon einmal die andere Uferseite erreicht und man muss wenden. Und nicht selten ist irgendein anderes Segelboot mitten im Weg. Aber wieder einmal verstehe ich nicht, warum mein Kahn der Langsamste auf der ganzen Havel ist. Mach ich was falsch, sind es die alten Segel, die Fock statt der Genua?
Dank des Tatendrangs meiner Matrosinen werde ich zunehmend arbeitslos. Die eine bedient die Fockschot, die andere das Steuer. Am Groß muss man nichts machen, wir wenden ja nur. Ich sitze dazwischen und gebe wichtige Kommandos. Die beiden haben es nach nur wenigen Schlägen schon ganz gut drauf. Manchmal, wenns etwas zu hart an den Wind ging und ein kleiner Winddreher auftaucht oder ein anderes Boot die Aufmerksamkeit ablenkt, dann gibt es schonmal eine außerplanmäßige Wende – aber naja, meine Steuerfrauen wollen ja üben!
Irgendwie schaffen wir es beim Start gegen 11:30 und nach einer ausgiebigen Badepause bis 16:20 zu unserem Ziel: Den Wannsee. Erst denken wir noch wir sind falsch, aber die Badeanstalt ist deutlich erkennbar. Ich kann es kaum fassen, dass wir es bis hierher geschafft haben. Wir ankern vor dem Ufer und springen nochmal ins Wasser.
Die Rückfahrt wird eine echte Rauschfahrt auf raumen Kurs. Nur eins, zwei Stunden brauchen wir für den Rückweg, inkl. letzter Badepause kurz vor dem Stößensee. Auf dem Weg üben wir natürlich das Halsen und den Schmetterling.
Am Ende des Tages haben wir mal wieder Unmengen an Proviant verbraucht, die Segelgrundausbildung für die beiden Damen erfolgreich absolviert und einen Rekord aufgestellt. Denn bis zum Wannsee hab ich es mit Geli noch nie geschafft. Aus zeitlichen Gründen war immer vorher Schluss.
Auf einmal scheint es mir doch möglich, die geplante Wochenendtour vielleicht doch einmal zu machen. Der Plan nämlich ist, bis zum Krampnitzsee zu fahren, das ist vom Wannsee nochmal genauso weit, also quasi die Zeit für den Rückweg. Dort würde ich dann gern eine Nacht vor Anker bleiben, abends in die Sterne gucken und vielleicht die Gitarre mitnehmen und ein wenig rumdudeln. Und am nächsten Morgen würde ich dann zurück segeln. Aber gut, das wird diese Saison wohl nichts mehr. Regnet ja nur. Und keine Zeit. Und, und, und.

Freitag, 22. Juli 2011

Sackgasse

Um sich in der Pause mal eben schnell wegzuprokrastinieren lande ich mal wieder auf Spiegel Online und lese da den Bericht vom Weltumsegler Erdmann. Mehr noch, ich finde sogar einen älteren Bericht über eines seiner Bücher, das ich sogar gelesen habe. Ich klicke die Bilder durch und muss daran denken, wie toll das ist, was die beiden da als Hochzeitsreise gemacht haben – einmal um die Welt, ohne GPS, Radar, Funk und Schnickschnack. Ich denke daran, dass aber dieses Jahr für mich keine Fahrt auf dem Meer geplant ist. Kein Segelschein. Kein Spikurs. Kein Ansteuern einer Insel, Helgoland oder Bornholm, wie ich es mir damals Anfang 2009 für dieses Jahr 2011 vorgenommen hatte. Ja und selbst mein Sternenbuch und mein Übungssextant liegen unzusammengebaut und ungenutzt irgendwo zuhause herum.
Ich komme im Schnitt ein Mal im Monat auf meinen kleinen Kahn Geli. Es ist immer wieder total schön. Aber es passt einfach nicht zusammen mit der übrigen Zeitplanung. Wenigstens einmal am Wochenende über Nacht draußen bleiben, über Nacht ankern, ganz weit auf das Wannmeer rausfahren. Wenn ich gut bin schaffe ich es bis zur Insel Imchen. Dann muss ich zurück um abends wieder zuhause zu sein. Oft genug ist bei Südwest oder Flaute aber auch schon beim Grunewaldturm Schluss.
Derweil finde ich aus Zufall auf meinem Rechner die Karten, die ich von den beiden Urlaubstörns angefertigt habe, Karten auf denen die kleinen Weltreisen auf der Ostsee eingetragen sind. Einmal der Törn rund Rügen, und dann noch der Törn bei Fehmarn. Toll! Ich zeichne die Zwischenstops nach und erinnere mich an die Erlebnisse, aber auch an die Krisen. Trotzdem, ich will wieder raus. Immerhin, wenn ich hier und jetzt scheitere, dann habe ich es wenigstens bis auf die Ostsee geschafft, sage ich mir. Und die Woche auf der Nordsee vergesse ich auch immer wieder. Es ist eben etwas anderes ob man allein fährt oder in einem Ausbildungstörn. Es sind zwei völlig verschiedene Dinge.
Ich rufe Google Maps auf und plane, wo ich überall hinfahren könnte, rufe Bilder von Südseeinseln ab. Schaue mir Videos zu Hafenmanövern an. War es das jetzt? Bin ich hier und jetzt gescheitert? Oder geht es noch weiter, nächstes Jahr vielleicht auf eine Insel, ein Lottogewinn und dann die ganze Ostsee abfahren im nächsten Sommer? Oder gleich raus um die Welt? Eine Freundin, naja, eher Bekannte, postet auf Facebook Bilder ihrer Erlebnisse in Südamerika. Das ist wohl der Unterschied, die einen machen es einfach, die anderen grübeln und planen und vergessen die Durchführung.
Der Sommer geht vorbei und ich glaube kaum, dass dieses Jahr noch irgendetwas Berichtenswertes passiert. Deprimierend. Ausgeträumt habe ich noch nicht. Aber ich fange an, nicht mehr dran zu glauben. Es macht so einfach keinen Sinn. Entweder es ändert sich etwas grundlegendes, oder ich bin hier am Ende meines großen Traums.

Mittwoch, 20. April 2011

Ansegeln: Entwurf einer Selbststeueranlage

Durch viel Arbeit entspannen? Klingt paradox? Ist es irgendwie auch. Kann aber tatsächlich funktionieren. Eine Projektendphase bescherte wieder einmal regelmäßig 12 und 14 Stunden Tage. Belohnt wurde es mit Freizeitausgleich. Bei schönstem Wetter einen Tag Sonderurlaub. Ich rechne mir lieber nicht vor, ob das wirklich ein Ausgleich ist und beschließe den Tag zu genießen und segeln zu gehen. Mein erstes Segelabenteuer der Saison.

Da der Plan war, um Punkt 18 Uhr Moli von der Arbeit abzuholen, war die Reiseplanung aber von vorn herein beschränkt. So wusste ich, dass ich auch dieses Mal keinen Entfernungsrekord aufstellen kann. Ich bin bis kurz hinter der Lieper Bucht gekommen, hab dann beschlossen umzukehren und im Schutz der dortigen kleinen Insel mir einen Ankerplatz zu suchen und noch etwas in der Sonne zu entspannen. Das ging aber nicht ohne vorher am Grunewaldturm noch ordentlich Böen abzubekommen. Ich hab ja immer etwas Angst, dass mein kleiner Jollenkreuzer kentert. Aber es lief alles prima und ich konnte Geli mal ein bisschen ausfahren. Dennoch ernüchternd die Tatsache, dass wirklich alle anderen Boote schneller sind als ich mit Geli. So viel kann man doch gar nicht falsch machen?!

Der Clou des Tages: beim Betrachten einer merkwürdigen Leine ist mir die Idee einer Quasi-Selbststeueranlage gekommen. Na gut, es ist mehr eine Pinnenfixierer denn eine Selbststeueranlage, aber den Zweck erfüllt die Vorrichtung. Auf diese Weise ist es viel bequemer, auch ohne zweiten Mann oder zweite Frau an Bord die Segel hochzubekommen, immerhin muss ich dazu jedes Mal zum Mast klettern, die Fallen sind nicht ins Cockpit umgelenkt. Der Autopilot hat ja auf der letzten Ostseereise Unglaubliches verrichtet und mir wurde klar, wie ich durch den richtigen Einsatz dieses Werkzeuges viele Dinge an Bord allein machen kann.

Die Konstruktion ist denkbar einfach. Man nehme eine Öse, die vorn am Hebel der Pinne gut herauf passt. Daran knotet man zwei ausreichend lange Seile. Da ich in der glücklichen Lage bin, einen Heckkorb zu haben, kann ich diese Seile um den Heckkorb legen und straff zusammenknoten. Dies passiert, während der Pinnenhebel etwas höher gestellt ist (Meiner ist flexibel in der Höhe verstellbar). Wird jetzt der Pinnenhebel heruntergedrückt, ist die Pinne ziemlich fix eingestellt, kann aber bei Bedarf und im Notfall bewegt werden. Natürlich kann man die Seile auch so verknoten, dass sich nichts mehr bewegt. Bei nächster Gelegenheit mache ich von der Konstruktion ein Foto, vielleicht interessiert es ja einen anderen Anfänger.

Montag, 11. April 2011

Saisonstart

Es ist erst ein Jahr her, da hat die Frage nach der Durchführung des Unterwasseranstrichs mir unendliches Kopfzerbrechen bereitet. Auch die Beschaffung von Ersatzteilen und das Kranen des Bootes ins Wasser haben mir nächtelang den Schlaf geraubt. Das Mast stellen hab ich mir gleich gar nicht zugetraut und mir dafür professionelle Hilfe vom Bootsbauer geholt. Schließlich stellte die erste Fahrt mit Geli den unglaublichen Höhepunkt der Vorbereitungsphase dar.
Dieses Jahr lief das alles viel unaufgeregter und fast schon routiniert. Nennenswert ist das Erfolgserlebnis, dass man mit Yachtcare Politur auch stark verunreinigtes GFK wieder sauber und blitz blank bekommt. Geli strahlt im schönsten weiß. Und Jack, der Außenborder, sprang beim ersten Zug an. Ich habe ihn dieses Jahr aufrecht im Winterlager stehend gelagert und ihn im halbwegs warmen Wohnungskeller beherbergt. Beides ein sehr nützlicher Tipp für andere Anfänger.
Nennenswert sind auch die Erfahrungen beim Stellen des Mastes. Ich dachte ich schaffe es allein. Vielleicht hätte das auch klappen können. Aber nun ja, im entscheidenden Moment, beim Aufrichten nämlich, verfing sich irgendeine der vielen Leinen in meine achterliche Stützkonstruktion und der Mast blieb an eben dieser hängen. Deshalb musste ich ihn wieder hinlegen. Da das Boot sehr wackelig ist und der Mast in diesem Winkel noch sehr schwer war, verlor ich die Kontrolle und er krachte mir wieder runter. Ist nichts kaputt gegangen, aber damit hatte ich verloren. Denn: Nebenan kamen hilfsbereite Leute aus dem Kaffee und haben mir assistiert und eine helfende Hand gereicht. Zu zweit geht das Stellen des Mastes und das Legen desselben viel besser! Ab wann man Hilfe braucht, ist vielleicht auch eine wichtige Erfahrung.
Ansonsten empfiehlt sich folgender Arbeitsablauf beim Stellen des Mastes, gilt natürlich nur für kleine handhabbare Jollenkreuzer. Für größere Boote gibt’s an der Marina einen kleinen Kran zum selbst aufstellen und einen großen für das Aufstellen mit Fachpersonal:
1. Mast von seiner Position nach hinten verlagern, sodass der Mastfuss an der entsprechenden Position im Boot ist. Bei meinem Boot ist hier extreme Vorsicht geboten: In der richtigen Position angekommen droht der Mast nach hinten überzukippen und im Wasser zu verschwinden.
2. Mastfuss so befestigen, dass er noch klappbar ist, aber dass der Mast erstmal fixiert ist.
3. Alle Wanten anschlagen, und zwar richtig herum, auf Verknotungen, Verdrillungen und Sonstiges der Wanten achten.
4. Das Fockfall so anschlagen, dass es vorrübergehend als Vorstag verwendet werden kann. Während man am Mast arbeitet kann dieser in dieser Position bequem an der Mastklampe über das Fockfall fixiert werden.
5. Nach dem Fixieren über das Fockfall: Vorstag und Achterstag anschlagen. Fertig. Ggfs. Wanten und Stagen spannen.
Nachdem auch das getan war, bin ich nur unter Fock gemütlich zum Liegeplatz herüber gesegelt, bei schönstem Wetter. Was für ein Spaß. Die Saison war eröffnet.

Mittwoch, 3. November 2010

Mast legen und slippen

Nachdem ich vor dem ersten Mal Mast stellen große Sorge hatte, es aber im Nachhinein ganz einfach fand, war ich dieses Mal beim Legen des Mastes deutlich positiver gestimmt. Das krieg ich schon irgendwie hin. Allein!
Gesagt, getan. Selbstbewusst wandere ich an einem Montagnachmittag in meiner Umzugswoche zum Boot und entferne das Achterstag. Dann baue ich die etwas eigenwillige Maststütze des Vorbesitzers auf: Der hat einfach die Badeleiter für die Sicherung des gelegten Mastes verwendet. Ich wende alle Seemannsknoten an, die ich kenne, um das Ding stabil zu bekommen. Jetzt schraube ich den vorderen Mastbolzen heraus und entsichere den hinteren, sodass ich ihn im Bedarfsfall schnell herausziehen kann.
Nun kommt der kritische Moment. Ich löse das Vorstag, der Mast wird nur durch die seitlichen Wanten und durch meinen Zug am Vorstag gehalten. Vorsichtig gehe ich nach hinten und….RRRRUUUUMMMMMS! Ich unterschätze das Gewicht des sich legenden Mastes, kann ihn am Vorstag nicht ausreichend halten und das Teil kracht nur ein wenig gebremst auf die Badeleiterkonstruktion. Erste Einschätzung: Alles noch ganz, nochmal gut gegangen. Nur die Badeleiterkonstruktion muss trotz aller Seemannsknoten neu aufgebaut werden.
Als das endlich und mühevoll erledigt ist stelle ich fest: Irgendwas stimmt nicht. Und mir dämmert auf einmal was: Zur Sicherung der Badeleiter hatte der Voreigner eine eigenwillige Holzfusskonstruktion gebaut, auf der die Badeleiter sicherer und vor allem höher steht. Also muss ich nochmal die ganzen Knoten aufdruseln, das Holzteil zwischen Boot und Leiter schieben und anschließend alles wieder vertüdeln.
30 Minuten später folgt noch das Lösen der Wanten und das anschließende Fixieren des Mastes am Boot. Das ist eher Routine und Fleißarbeit, aber stellt kein Problem mehr dar. Am Ende des Tages liegt Geli mit gelegtem Mast am Steg und klein Micha ist stolz, es ganz allein geschafft zu haben. So richtig beeindruckend findet das aber nicht jeder in meinem Umfeld. Muss also etwas alltägliches sein. Ich grinse aber breit übers Gesicht.
Was lerne ich daraus? Fürs nächste Mal habe ich mir vorgenommen, den Mast kontrolliert über das Fockfall kommen zu lassen. Auf dieselbe Weise will ich ihn auch ohne fremde Hilfe hochbekommen. Letzteres kann ich ja dann im Frühjahr gleich mal probieren.
Ein paar Tage später, am Donnerstag, gehe ich dann ein letztes Mal in diesem Jahr zu Geli. Ich setz mich ins Boot und parke ganz allein aus – wie immer ohne weitere Zwischenfälle. Und dann geht’s rüber in die Marina Lanke zum Slippen. Mein Motor Jack hält trotz erheblichem Gegenwind durch und bringt mich sicher auf die andere Seite des Ufers. Das Anlegemanöver – ganz allein und ohne Hilfe – gelingt dank des Tricks mit der achternen Luvleine, den mir Skipper Jörg bei der SKS-Ausbildung beigebracht hat. Auch seine Leinen-Wurftechnik hilft ungemein.
Ein paar Minuten später hängt Geli in der Luft und bekommt danach auf dem Trailer noch eine Anti-Algendusche. Unter dem moosgrünen Bewuchs findet sich tatsächlich mein blauer Unterwasseranstrich wieder. Und jetzt kommt Geli ins Winterlager zu Stefan. Ich freu mich, wieder einen Anlass zu haben, die nicht ganz unerheblich weite Strecke zu ihm zu fahren.

Dienstag, 19. Oktober 2010

Jörg A. Herber: Albatrosse morden nicht

Man könnte meinen, ich werde regelrecht zum Büchernarr. Eigentlich lese ich doch so überhaupt nicht, aber ein Wellnesswochenende, zu dem mich Moli überredet hat, führt nun doch dazu, dass ich wieder eins meiner schon staubigen ungelesenen (Segel-) Bücher aus dem Regal geholt habe. Niemand berühmtes hat dieses Buch geschrieben, kein besonderer Autor – zumindest für die Allgemeinheit. Ich habe mir das Buch unmittelbar nach meinem SKS-Praxistörn gekauft. Und das hat damit zu tun, dass der Autor niemand anderes ist, als der Skipper. Ich wollte mehr über ihn und über seine Kap Hoorn Rundung erfahren, von der er auf unserem Törn erzählte. Und auch wenn dieses Buch Fiktion ist, dachte ich, stehen da doch auch ein paar seiner Erfahrungen drin, von denen ich lernen will.
Und so kam es dann auch: Immer wieder im Buch entdecke ich Geschichten und Ansichten, die mir aus den Erzählungen des Skippers sehr bekannt vorkommen. Schon bald steht für mich fest: In diesem Buch könnte viel mehr Realität stecken, als in „Meereslust“, dessen Autor sich ja durch einen hohen fiktiven Anteil seines eigentlich realitätsnahen Berichtes einen Namen gemacht hat. „Albatrosse morden nicht“ strotzt nur so von seglerischen, aber vor allem auch psychischen Grenzerfahrungen an Bord bei einem solch gefährlichen Unternehmen wie der Kap Hoorn Rundung.
Nebenbei – so sehe ich das aus meiner Perspektive – gibt es eine kleine Kriminalgeschichte, die aus verschiedenen Perspektiven erzählt wird, die am Ende zusammenfließen. Richtig gut gemacht! Die Geschichte und die Erzählweise packt mich und ich kann einfach nicht aufhören, dieses Buch zu lesen. Einmal stehe ich in der Nacht auf und muss weiterlesen, weil ich nicht abwarten kann wie es weitergeht.
Die Differenzierung zwischen Fiktion und Wirklichkeit wird zum Spannungstreiber im Buch, die Spannung bleit bis zuletzt erhalten. Und ich frage mich, wie viel Wirklichkeit von der tatsächlich vom Skipper Jörg unternommenen Kap Hoorn Rundung dabei war. Ich frage mich, ob auch er einen derart militärisch geprägten Freund und Skipper an Bord hatte – erklären könnte man seine Art in der Ausbildung damit schon ein bisschen. Ich überlege, ob ich ihm einfach mal schreibe. Aber dafür bin ich dann wohl doch irgendwie zu feige. Fünf von fünf Sternen würde ich dem Buch geben!

Dienstag, 12. Oktober 2010

Hauke Trinks - Leben im Eis

Es ist schon länger her, dass mir dieses Buch empfohlen wurde. Fast schon ein Jahr wähnte es sich des Schicksals vieler der Bücher, die bei mir im Schrank stehen: Ungelesen im Bücherregal zu verstauben. Dank zahlreicher S-Bahnfahrten und der Abwesenheit meines Fahrrades am Gast-Wohnort meiner Wahl kam ich jedoch irgendwann dazu, auch dieses Buch endgültig zu verschlingen.
Es ist keins der typischen Segelbücher – und dennoch dreht sich die Geschichte um einen allzu typischen Segler. Diese Segler haben irgendwann alle die Nase voll und wollen fliehen – vor dem Alltag, ins Ungewisse, wollen sich selbst finden. So auch Hauke Trinks – Er floh jedoch nicht auf der Barfussroute in den warmen Süden, nein, der Protagonist wollte sich mit seiner Stahlyacht in Spitzbergen einfrieren lassen und dort in der Polarnacht überwintern – um der Wissenschaft zu dienen. Das hat er auch geschafft.
Die Entstehung des Lebens im Eis war die Motivation des Autors, doch mal ganz ehrlich: die ganzen (zahlreichen) wissenschaftlichen Passagen im Buch interessieren herzlich wenig. Spannend ist vielmehr, wie dieser Einhandsegler sich in das ungemütlichste Terrain vorwagt und ganz allein auf sich gestellt in der Wildnis überleben will. Die Erzählungen erinnern mich viel mehr an „Into the Wild“ als an ein Segelabenteuer. Spannend sind die Erzählungen, sich in der Natur durchzuschlagen, mit den Eisbären ums Revier zu kämpfen und vor allem sich selbst und die Einsamkeit nicht zum größten Feind werden zu lassen. Fast zum Nebenbeiprodukt werden die Erzählungen über das Schiff und das Segeln. Nur in Nebensätzen erfährt man von der Atlantiküberquerung und über andere Reisen des Autors.
Wie öfter bei Weltumseglern zu lesen ist, scheint es dieser ehemalige Uni-Chef nach seiner Reise schwer gehabt zu haben mit dem Einleben in die Gesellschaft. So eine Reise verändert doch sehr stark, zeigt wie lächerlich unser hier und jetzt mit all den Terminen und Präsentationen und wichtigen Telefonaten eigentlich ist, wenn man mal in der Natur einfach nur mit der Beschaffung von Nahrung und mit dem Überleben beschäftigt war.

Ich für meinen Teil will diese Erfahrung jedoch lieber in der Südsee machen als am Nordpol. Auch finde ich Robben viel zu süß, als dass ich sie schlachten und essen könnte, so wie es Hauke Trinks nicht nur verbal sondern auch mit Bildern im Buch dokumentiert. Mal sehen, ob’s klappt.

Mittwoch, 15. September 2010

Profane Erkenntnisse

Vieles an Bord erfordert viel Erfahrung und Geschick. Wenn man – so wie ich – von einer handelsüblichen Billig-Jolle ohne jede Erfahrung kommt, stellen sich dabei viele Fragen, etwa die nach der Funktion eines Selbstwendefocks, einer Rollreffeinrichtung oder etwa nach der Handhabung von Lazy-Jacks und selbstholenden Winschen. Manches nützliche Wissen an Bord dient aber nicht dem Segeln allein, sondern eher den ganz normalen, ja profanen menschlichen Bedürfnissen. Richtig, die Rede ist von der in den Berichten großer Weltumsegler oft stiefmütterlich behandelten Erfahrung mit der Bordtoilette.
Nun kamen Fragen danach, wie denn nun an Bord mit den täglichen menschlichen Bedürfnissen zu verfahren sei, vergleichsweise häufig in meinem Bekanntenkreis vor. Darum will ich mich der Herausforderung stellen und auch meine Erfahrungen mit diesem Thema nicht vorenthalten. Denn – man mag es kaum glauben – die Benutzung dieses durchaus nützlichen Geräts birgt allerhand Risiken, wenn nicht sogar Lebensgefahr. Wohl auch deshalb ist die Handhabung wohl auch zentraler Prüfungsstoff für die Theorieprüfung beim SKS-Schein (Fragen 21 und 34)! Blöd nur, wer so wie ich mit einem SBF See anfängt.
Dass die Bordtoilette Gefahr für Leib und Leben der Besatzung bedeuten kann, habe ich bereits bei meinem ersten Charter (damals noch nur mit SBF See) festgestellt. Nach einer längeren Tour nämlich bemerkte ich, dass durch das Badezimmer Wasser ins Schiffsinnere drang. Die Kloschüssel war übergelaufen. Ursache war nicht – wie zunächst angenommen – das fehlende Spülen eines bereits vermeintlich angeschwärzten Besatzungsmitglieds. Nein, Ursache war die fehlerhafte Bedienung dieses komplexen Geräts. Die Folge war ein unbeabsichtigtes Eindringen von Wasser ins Bordinnere und damit potenzielle Sinkgefahr. Es ist also nicht so, wie man das von zuhause kennt, dass nach der Spülung alles erledigt ist – nein, der Toilettengang muss sorgfältig vor- und auch nachbereitet werden.

1. Vorbereitung: Bevor alles losgeht, müssen die Seeventile geöffnet werden. Irgendwo schließlich muss das Spülwasser ja herkommen – und irgendwo hin muss es dann auch wieder abfließen. Also gibt es genau zwei Ventile: Eins für die Frischwasserzufuhr und eins für die Abwasserabfuhr. Die muss man erstmal finden. Ich habe bereits drei Fälle erlebt:
a) Manchmal findet man die Teile unter dem Waschbecken im Schrank versteckt – in dem meisten Fällen sind sie nur zugänglich, wenn man auf den Knien gebückt mit dem Gesicht ans Waschbecken gepresst den Arm soweit möglich nach hinten im Wachsbecken-Unterschrank verschwinden lässt, wie es eben geht.
b) Als Variante ist auch das Versteck in der achterlichen Backskiste möglich. Glück hat man, wenn diese auch durchs Klo zugänglich ist.
c) Besonders schön aber auch die Variante auf der Bavaria 890: Hier muss man aus dem Klo raus und in den Salon, muss dann die Sitzpolster entfernen um an den Stauraum zu kommen, dort alles hochklappen, im schlimmsten Fall sämtliches Proviant ausräumen um dann mit ähnlicher Technik wie bei a) an die begehrten Hebel zu kommen. Wichtigster Punkt: Bevor man mit anderen Dingen loslegt, sollten diese Vorbereitungsmaßnahmen vollständig abgeschlossen sein. Im anderen Fall kann es passieren, dass man mit heruntergelassener Hose und einfach nicht abfließen wollenden Schüssel-Inhalt sich irgendwo zum Ventil recken muss, was unangenehm werden kann. Im schlimmsten Fall schwappt dabei vorher seegangsbedingt der Inhalt der Kloschüssel über, was den Ärger über die Situation sicherlich nicht mindert….

2. Der eigentliche Prozess. Während der Sitzung ist eine möglichst stabile Lage einzunehmen, die auch dem Seegang sicher standhält. Erst jetzt erschließt sich dem Nutzer die unglaubliche Enge dieser Yacht-Nasszellen, weil man sich dadurch nämlich optimal verkeilen kann, etwa indem man mit dem Gesäß einerseits die Kloschüssel und mit dem Kopf andererseits die Tür fixiert. Elementar an dieser Haltung ist, dass man sich auf GAR KEINEN FALL an der Türklinke festhalten darf. Im schlimmsten Fall kann sich dabei das folgende, von SKS-Lehrskipper Jörg erlebte Szenario abspielen: Bei starker Krängung auf die Toilettenseite hält man sich an der Klinke fest, um nicht nach hinten zu kippen. Beim wellenbedingten schnellen Wechsel der Schräglage auf die Seite gegenüber der Toilette droht dabei, beim Nach-vorn-kommen die Klinke unbeabsichtigt nach unten zu drücken und die Tür zu öffnen. In diesem Fall kann die Tür (bei älteren Schiffsmodellen) nach außen aufgehen. In der Folge fliegt man zur Belustigung der in der Plicht sitzenden Mannschaft mit heruntergelassener Hose aus dem Klo raus und einmal quer durchs Schiffsinnere auf die gegenüberliegende Seite. Wenn man Pech hat, ist dort ein mannshoher Ölzeugschrank, dessen Türen sich durch unsachgemäße Benutzung im Wellengang geöffnet haben. Im schlimmsten Fall landet man dadurch in diesem Schrank und durch die inzwischen gewechselte Krängungsseite fallen die Türen zu und man ist eingeschlossen. Deshalb: Nie an der Klinke festhalten! Zum Glück wurden die Schiffe neuerer Bauart wegen dieses Problems aber mit nach innen öffnenden Türen ausgestattet. Hier ist das Festhalten an der Klinke erlaubt, wenn auch nicht empfohlen. Zu groß ist die Gefahr, sich bei abreißender Türklinke und ohne Werkzeug in greifnähe im Klo eingeschlossen wiederzufinden.

3. Nun folgt das Spülen. Hierzu befindet sich sitzend meist links neben der Toilette eine Apparatur. Zentrales Element: Der Pumpenhebel, der durch vertikales Bewegen betrieben wird. Zuvor jedoch muss der davorliegende Hebel richtig bedient werden. Wenn dieser auf der Seite mit einem blauen (meist abgewetzten) Rohrsymbol liegt, kommt Spülwasser von außen ins Becken. Das ist gut für den Start. Jetzt kräftig Pumpen, bis alles weg ist. Als nächstes ist der Hebel vom blauen Rohrsymbol auf das weiße Rohrsymbol zu legen. Das bedeutet Abpumpen ohne Frischwasserzufuhr. Jetzt wieder ordentlich Pumpen. Wenn alles weg ist, noch genau sieben Mal nachpumpen! Erst jetzt ist der Spülvorgang beendet.


4. Nachbereitung: Um den oben beschriebenen Gefahrenfall des unbeabsichtigten Sinkens zu vermeiden, müssen nun noch alle Seeventile geschlossen werden. Dies geschieht unter Analogie des Punktes 1, wobei im Fall c) der Proviant wieder ordnungsgemäß und seegangssicher zu verstauen ist. Und auch das war mir anfangs nicht klar: Geschlossen sind die Ventile, wenn die Stellung des Ventilhahns mit der durch die anliegenden Rohre erkenntlichen Durchflussrichtung einen rechten Winkel zeigt.


Wer diese vier Punkte bei ordentlicher Welle erfolgreich und ohne einsetzende Übelkeit gemeistert hat, ist seefest und wird niemals seekrank werden. Wer Schwierigkeiten damit hat, dem seien zusätzlich zur Bordtoilette die Utensilien „Eimer“ (Bitte mind. 2 Eimer im Schiff haben mit unterschiedlicher Färbung jeweils für Verwendungszweck) sowie umgangssprachlich für Männer die „Ente“ und für Frauen das anatomisch angepasste „Urin-Schiffchen“ empfohlen. Diese Utensilien haben auch den Vorteil, dass die häufige Verstopfung der Rohrsysteme und die unangenehme Reinigung derselben damit vermieden werden kann, haben jedoch Nachteile vor allem bzgl. der Romantik einer Seefahrt.

Dienstag, 14. September 2010

Auszeit unter Segeln. Ein Sommer auf der Ostsee.

Eigentlich hatte ich gerade gar keine Lust, schon wieder eins der Segelbücher zu kaufen und zu lesen. Drei dieser Exemplare liegen noch bei mir herum, an einem hab ich mir die Zähne ausgebissen. Als ich aber dann irgendwann aus irgendeinem Grund an einem Buchlanden nicht vorbeigehen konnte und irgendwie in der Abteilung für Abenteuerberichte landete, konnte ich dann aber doch nicht widerstehen, dieses Buch über eine Ostseeumsegelung aus dem Regal zu ziehen. Der Name des Autors ist mir schon zwei Mal begegnet – in einem Bericht in der Yacht über die aktuell laufende Weltumseglung und im Online-Logbuch von Bernt Lüchtenborg.
Etwas skeptisch schlage ich die ersten Seiten auf und was ich dort erblicke, trifft mich wie ein Schlag. Da stehen ein paar traurige Worte eines wohlbekannten Liedtextes, den ich in diesen Tagen wieder häufiger im Ohr hatte. Die geliebten Wolfsheim sinnieren darin darüber, dass man heute leben muss und dass irgendwann ein Traum viel zu lange her ist (http://www.youtube.com/watch?v=icUC32-0WuY). Volltreffer! Beinahe schießen mir die Tränen in die Augen. Gekauft!
Ich lasse meinen anderen Segelwälzer links liegen und habe das Buch innerhalb von einer Woche durch. Das Buch ist gut geschrieben. Schöne kurze Kapitel, keine ewig lange Selbstbeweihräucherung, wie in dem anderen Wälzer. Die beiden Protagonisten machen nichts außergewöhnliches, eben eine Umsegelung der Ostsee, meist kurze Schläge. Einige Orte die sie bereisen, kenne ich nun schon aus eigener Segelerfahrung. Das Buch macht mächtig Lust, Teile der Reise nachzuahmen, vor allem in Richtung Osten nach Tallinn, Helsinki und St. Petersburg verbunden mit einer Rückreise durch die finnischen und schwedischen Schären, über Stockholm und Kopenhagen bei Ausgangshafen um Rügen würde mich sehr reizen. Ähnlich wie die beiden Protagonisten fange ich an zu überschlagen, wie viel Zeit man dafür wohl braucht. Ergebnis: 35 Tage Fahrtzeit plus Aufenthaltszeit – macht ca. 70 Tage, also 2-3 Monate. Ich fange an zu rechnen: Ein gechartertes, taugliches Boot würde 9.000 Euro kosten, zzgl. 10-20 Euro pro Tag an Lebenshaltung macht ca. 10-12 Tsd. Euro. Das sind 5-6 Tsd. Euro pro Nase, wenn man zu zweit ist. Machbar. Mit eigenem Kiel sowieso.
Das Buch überzeugt vor allem am Anfang bis etwa zum nördlichsten Punkt der Reise, dem auch von mir geliebten Nordkap (Besuch über Land!). Die Kontakte mit den Einheimischen und die Erfahrungen mit den weißen Nächten machen Lust darauf, auch ganz weit in den Norden zu fahren. Ab diesem Punkt jedoch hat man das Gefühl, der Autor hetzt etwas in der Sprache, um zum Ende zu kommen. Vielleicht hat der Verlag auch etwas Kürzung verlangt. Vielleicht ist das aber auch der Eindruck, der entsteht, weil es ab diesem Punkt wieder zurück ging. Das scheint komisch zu sein auf Langfahrt, ab der Hälfte ist es irgendwie Rückweg, auch wenn’s um die Welt oder irgendwo anders rum geht. Und Rückweg macht nie wirklich Spaß.
Und eine Erkenntnis bereitet mir auch in diesem Buch wieder Sorge. Motorschaden. In jedem Segelbuch, das ich bisher las, war irgendwann der Motor kaputt. Dieses verfluchte Teil macht immer und überall einen Strich durch die Rechnung. Für meine eigene geplante Langfahrt notiere ich: Leistungsstarker Ersatzaußenborder muss für den Notfall für Redundanz dieses offensichtlich empfindlichsten Geräts sorgen. Gibt es eigentlich Diesel-Außenborder?
Das Beste am Buch ist die dazugehörige Internetseite hippopotamus.de. Dort gelangt man – etwas versteckt zwar – noch auf das alte Ostsee-Projekt dieses inzwischen Weltumseglers und kann sich – quasi als Bonusprogramm – viele hunderte Bilder anschauen zu den Geschichten, die man gerade gelesen hat. Toll! Endlich mal wieder im Dream-Modus. Dafür gibt’s volle fünf Punkte.

Montag, 16. August 2010

Abschied

Wir fahren nicht mehr raus, auch nicht, als wir quasi noch einen Zusatztag auf dem Boot vom Eigner geschenkt bekommen, weil der es erst einen Tag später zum Boot schafft. Wir ziehen um ins Hotel und genießen den Luxus eines Bettes mit Stehhöhe. Auch wenn wir an Land sind, so stellt sich der seltsame aber schon bekannte Effekt ein, dass trotzdem alles schwankt.
Wir verbringen die Tage am Strand oder in den Städten der Insel und natürlich an der Quarkeria. An meinem Geburtstag liegen wir im Strandkorb und genießen es, die Zeit einfach nur verstreichen zu lassen. Auch baden gehe ich noch einmal.
Nach unserer Abreise fahren wir schließlich noch in Lübeck vorbei. Eine wirklich tolle kleine süße Stadt, in der man sich vorstellen kann, zu wohnen. Wir erklimmen einen Kirchturm und genießen die Aussicht über die Stadt. Im Café Affenbrot gibt es noch eins der leckersten Essen, die ich seit langem zu mir genommen hab – etwas Vegetarisches! Auf dem Marktplatz sitzt ein alter Bekannter, denke ich und stelle mir vor, dass so wohl unser ausrangierter Kapitän aus den Lautsprechern unseres Funkgerätes aussieht. Und dann heisst es leider Abschied nehmen – oder wir Käptn Diezel sagen würde: „Tschüss Tschüss“…Zurück in den gehassten Alltag.

Donnerstag, 12. August 2010

Horrortrip

Es ist 6 Uhr 30. Wir wachen in unserer Kajüte aus irgendeinem Grund auf und fühlen uns verhältnismäßig wach. Es entsteht die spontane Idee, einen Früh-Morgens-Spaziergang zu machen. Gesagt, getan. Wir murmeln uns aus den Schlafsäcken heraus und machen uns auf zum Dorfbäcker, der tatsächlich um diese Zeit schon offen hat und uns Brötchen, Streuselschnecke, Kaffee und die Zeitung verkauft. An der einsamen Strandspitze suchen wir uns dann einen Platz zwischen den Möwen, die allerdings wenig von unserer Gesellschaft halten und sich davon machen.
In Timmendorf hat es uns eigentlich wunderbar gefallen. Wir würden gern noch einen Tag bleiben. Aber wohl oder übel neigt sich unser Urlaub dem Ende. Für die Rückreise haben wir nur noch den heutigen und den morgigen Tag. Heute sagt uns Delta Papa Null Sieben: „Ooooooooost drei bis vier. Strichweise dieeeesigggg, strichweise Schauerböen, die See: oooooin bis oooins Komma fünf Meder“. Ostwind ist selten und ideal für den Rückweg. Für Freitag dagegen ist Nordwest angesagt, was fatal wäre. Zudem soll es am Freitag sehr windig werden.
Während wir Delta Papas Berichten beim wunderbaren Frühstück (endlich mal an Deck) lauschen, entscheiden wir, heute zu fahren. Zu hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass Morgen der Wind gegen uns umschlägt und zu stark wird. Wir sind schnell startklar und es gelingt ein perfekter Ableger. Kaum sind wir auf der See, fängt es aber an, ununterbrochen zu regnen.
Nach einer Weile Windstille und unter Motor meldet sich Petrus nicht nur mit Schauern, sondern auch mit stark zunehmenden Wind zurück. Moli übernimmt das Steuer und alles scheint gut zu laufen. Fünf bis sechs Knoten Fahrt. Das Land ist schon aus der Sicht. Plötzlich aber muss Moli mal kurz nach unten. Die Folgen sind fatal. Die Seekrankheit, die uns bisher so toll verschont hat, meldet sich nun mit aller Kraft zurück und schaltet Moli ganz einfach aus. Niemals bei Seegang unter Deck gehen! Die Kreuzsee mit Dünung aus Nord und Windsee von Süd-Südost hat kein Erbarmen, tut ihr übriges und lässt das Boot samt Moli wild hin und her schaukeln.
Es wird auch für mich zu einer Grenzerfahrung. Zwar verschont mich die See bei der Seekrankheit, aber ich mache mir große Sorgen um Molis Zustand, wo ich doch gleichzeitig mich um das Boot kümmern muss. Ich finde eine Möglichkeit, sie an Deck hinzulegen, was wegen der eigenwilligen Architektur der Plicht nicht selbstverständlich ist. In die warme Kajüte bekomme ich sie dagegen nicht. Ich kette sie mit dem Lifebelt an, dass sie nicht vom Boot fallen kann und versuche ihr immer wieder etwas zu Trinken anzubieten. Schließlich hole ich den Schlafsack und bette sie darin ein, weil sie inzwischen ununterbrochen bibbert. Das war gut meinte sie später. Der Regen macht unterdessen alles Plitschnass. Meine Moli und meinen Schlafsack.
Mitten auf der Fahrt und irgendwo ohne Land oder Schiffe in Sicht und mit einer Moli im Knock-Out-Zustand bekomme ich einen kleinen Eindruck davon, wie es sein muss, allein auf dem Ozean zu sein. Einerseits beängstigend, weil man durch muss und es kein Entrinnen gibt, andererseits aber auch verdammt schön! Wenn nur das Wetter besser wäre. Und dann meldet sich Delta Papa Null Sieben wieder und ich verstehe, was ich in den Weltumsegler-Büchern las: Die andere Stimme im Funk, die ich ja prinzipiell auch erreichen kann, wird sowas wie eine Verbindung zum Land, durch die man sich heimisch und irgendwie beschützt fühlt. Die Sendung wird zum Tagesereignis.
Nachdem über weite Strecken dieses längsten Abschnittes unserer Reise kein Land zu sehen war, kommen nun endlich die drei Hochhäuser von Burgtiefe auf Fehmarn in Sicht. Längst schon hab ich beschlossen, unser eigentliches Ziel Heiligenhafen nicht anzulaufen und stattdessen nach Burgtiefe in den Heimathafen auszuweichen und unsere Reise um einen Tag zu verkürzen. Ausgerechnet jetzt aber schläft der Wind ein. Ich starte den Motor, um die Reise nicht unnötig zu verlängern. Doch bevor ich Marschfahrt aufnehmen kann, müssen die Segel herunter. Das muss irgendwie allein gehen. Ich werfe den Autopiloten an und versuche das Schiff in den Wind zu stellen, allerdings bringt uns die fiese Kreuzsee immer wieder vom Kurs ab. Moli kann gerad noch schauen, dass bei meinem Manöver nichts mit mir schief geht, angeleint bin ich ja sowieso. Während das Boot wild hin und her schaukelt und in die Wellen stampft stehe ich an Deck am Mast und hole das Groß ein. Geschafft. Nun Heimatkurs Burgtiefe.
Nahe der ersten Fahrwassertonne wird die See ruhiger und Moli kommt langsam wieder zu sich. Ganz schlapp sind ihre Beinchen und ich werde ohne sie und ganz allein in die Box einparken müssen. Ich erinnere mich an die zahlreichen Forenbeiträge, die ich zum Thema „Einhand einparken“ gelesen habe und bereite alles vor. Eigentlich gibt es nur einen (wichtigen) Unterschied zur normalen Vorbereitung: Die Achterleinen belege ich bereits auf die geschätzte und benötigte Länge und lasse sie nicht, wie bisher, einfach an der Klampe mit maximaler Länge gesichert. Das könnte man eigentlich standardmäßig so machen. Der Anleger gelingt Einhand perfekt. Und nun kümmere ich mich nur noch um Moli, die warm verpackt unter Deck soll, Heizung auf Maximum, warme Suppe gekocht und schwuppdiwupp, ihr geht’s schon viel besser und sie kann schon wieder scherzen.
Somit wurde der letzte Tag zum Höllentrip, für den einen wegen der Seekrankheit, für den anderen wegen der Angst um den anderen. Dennoch war es eine beeindruckende Erfahrung, das erste Mal in meiner Seglerkarriere kein Land mehr zu sehen. Beeindruckend fand ich auch, wie ich in der Lage war, vollkommen allein das Schiff zu kontrollieren und sogar einzuparken. Man lernt doch dazu, auch wenn man noch weit davon entfernt ist, ein guter Seemann zu sein. Vor allem aber freu ich mich, dass es Moli auch überstanden hat und ihr es inzwischen viel besser geht!

Mittwoch, 11. August 2010

Timmendorf

7:45 – Auf Kapitän Diezel ist Verlass und wir werden wach. Das Wetter ist heut nicht so entscheidend. Geplant ist nur ein ganz kurzer Törn nach Timmendorf auf Poel. Das sind etwa acht Seemeilen – circa zwei Stunden Fahrt.
Es gibt zwei Gründe für diese Entscheidung. Nummer eins: Von Wismar haben wir am Vorabend nur wenig gesehen. Wir wollen uns noch etwas Zeit nehmen, um uns die Stadt noch etwas anzuschauen. Nummer Zwei: Timmendorf klingt schön und idyllisch, der Hafen aber ist klein und eng, auch ein Grund, warum wir das Anlaufen am Vorabend nicht umgesetzt haben. Wir wollen schlicht und einfach früh da sein und das kann man nur mit einem kurzen Törn realisieren. Oder mit noch früherem Aufstehen. Und da ist meine Meinung ja hinlänglich bekannt.
Nachdem wir uns also Wismar angeschaut haben, Shoppen waren und uns mit neuen Regenschirmen eingedeckt haben, heißt es Leinen los nach Timmendorf. Der Wind blies recht stark und schon im Hafenbecken konnten wir die Segel setzen. Wir nehmen berauschende Fahrt auf. Ein Segler kreuzt die SeeSchiffStr. und wähnt sich im Vorfahrtsrecht. Bei uns wird es nur eng, beim hupenden Motorboot hingegen richtig eng, und der Segler hat überhaupt kein Verständnis für dessen Warnsignal und keift ihn sogar noch an. Dabei ist der Fall klar: Die einzige Vorfahrtsregel der Schiffahrt greift hier, der kreuzende Segler muss allen ausweichen, die der Seeschifffahrtsstraße folgen. Die Verkehrsregeln scheinen nicht allen Seglern geläufig zu sein.
Zwischenzeitlich wird der Wind so stark, dass ich nun doch beschließe, deutlich gemächlicher und nur unter Fock mit immer noch 4,5 Knoten Fahrt dahinzugleiten. Moli steuert! Und nach weniger als 1,5 Stunden unter Segel rollen wir auch schon wieder alles ein. Ich mache die Leinen und Fender klar zum Anlegen.
Für den heute anliegenden Südwest sagt der Hafenführer nichts Gutes. Ungemütlich kann es werden, weil so der Wind genau in den Timmendorfer Hafen drückt. Und tatsächlich: Im Hafen finden wir ordentlich Welle. Im geschützten Bereich ist schon kein Platz mehr. Und ich werde nicht gegen, sondern mit dem Wind anlegen müssen. Der Anleger gelingt, wenn ich auch wegen des Rückenwindes etwas zu schnell in die Box einfahre. In jedem Fall sieht es aber bei uns wesentlich professioneller aus, als bei vielen nach uns eintreffenden Booten. Das war letztes Jahr noch ganz anders.
Nach einem sintflutartigen Regenschauer wandern wir durch das Dorf und ich gehe sogar noch einmal am herrlichen Strand von Timmendorf baden. Nicht zu verwechseln mit dem Ort Timmendorfer Strand, der in der Lübecker Bucht liegt. Abends gehen wir Essen und lassen uns danach von den Mücken zerstechen. Nicht so romantisch.

Dienstag, 10. August 2010

Planschen im Meer am schönsten Tag

Heute soll laut Delta Papa Null Sieben der schönste Tag der Woche werden. Wir diskutieren kurz, ob wir in Travemünde bleiben und einen Badetag einlegen. Andererseits verspricht der Törn gerade auch bei diesem Wetter ein Hochgenuss zu werden. Wir entscheiden uns für das Auslaufen Richtung Wismar. Sollte die Strecke zu lang werden, wollen wir in Timmendorf auf Poel einen Stop einlegen.
Der Ableger gelingt nicht ganz perfekt. Vorne bleibt die Leine hängen, weil sich ein Kneuel gebildet hat und so ein dicker Knoten an der Klampe an Land hängt. Da uns keiner hilft, müssen wir wieder rein und das Unheil beseitigen. Beim zweiten Mal gelingt alles perfekt. Moli macht es sich unter Deck gemütlich und so fahre ich unter Autopilot aufs Meer hinaus und klariere dabei das Schiff auf und mache alles klar zum Segelsetzen. Und siehe da, auch das Segel setzen gelingt perfekt, auch ganz ohne Hilfe. Mit so einem Autopilot kann man vieles Einhand machen, bemerke ich. Eine gute Entscheidung, den Autopiloten als Entscheidungskriterium bei der Schiffswahl aufgenommen zu haben. Erst recht bei den späteren Erlebnissen…
Wir kommen mit vier, fünf Knoten gut voran und spielen unterwegs unser neues Spiel, während uns Kapitän Diezel mal wieder mit neuesten Wetterinformationen versorgt. Auf halber Strecke dann legen wir einen Badestop ein. Das Boot driftet so dahin, und ich tapse ganz vorsichtig ins arschkalte Wasser. Erstmal drin ist aber alles halb so schlimm – aber komisch ist es schon, wenn man so gar keinen Grund unter den Füßen hat, auch nicht in erreichbarer Nähe. Wie es wohl auf dem Ozean mit viertausend Meter Wassertiefe ist? Nachdem ich noch ein paar Köpfer vom Boot gemacht habe, schaffe ich es auch, Frostbeule Moli zum Baden zu überreden. Auch sie hat – nachdem endlich die Sonne wieder hervorguckt - mächtig Spaß und ist nach einer Runde ums Boot mächtig erschöpft. Ich konzentriere mich unterdessen auf die fotografische Dokumentation dieses Ereignisses, nachdem Moli bereits über die Erpressungsmöglichkeiten auf Facebook der mit den ihrerseits gemachten Fotos von mir sinnierte. Danach trocknen wir an Deck beim Autopilot, während ich schon die Segel für den Kurs Wismar getrimmt habe. Ich sitz ganz vorn auf dem Schiff und schaue wie ein Leuchtturm umher und bin einfach nur glücklich. Das ist dann irgendwie so wie das Segeln, wie man es aus den Filmen kennt….
Vor Poel sind ein paar Untiefen und man soll dem Fahrwasserverlauf folgen. Dummerweise geht der genau gegen den Wind. Ich hole das Laken herunter und werfe mal wieder den Motor an. Unter Autopilot wandere ich immer wieder vom Bug bis zum Heck und freu mich wie wir durch das Wasser pflügen. Moli schläft dabei ganze zwei Stunden bei hämmernden und lautem Motor.
Inzwischen ist es nach 19 Uhr und wir sind die einzigen draußen. Wismar liegt vor uns. Wir machen im Kai am Alten Hafen fest, hinter ein paar Traditionsseglern und wohl an jenem Kai, an dem auch Lüchtenborg zu seiner Weltumseglung aufgebrochen ist. Nach einem perfekten Anleger stellen wir aber fest, dass kein Strom vorhanden ist, der liegt an der anderen Seite des Kais. Also nochmal ablegen und rüber. Dabei gelingt ein nicht ganz so perfekter Anleger. Aber Ende gut alles gut.
Nach einem Spaziergang durch die wie ausgestorben wirkende, aber schöne Altstadt Wismars kehren wir in ein wirklich vorzügliches Fischrestaurant ein. Es ist das dritte oder vierte Mal, dass ich diesen Urlaub Fisch esse. Seelachsfischbrötchen, Dorsch und Seelachsfilet standen bisher auf der Speisekarte. Und es schmeckt! Vom Ich-Ess-Keinen-Fisch-Micha fast schon keine Spur mehr.

Montag, 9. August 2010

Krieg!

7:45, UKW-Kanal 24: Zunächst läuft eine nach C64 oder Amiga klingende Version von Bachs Menuett „Klavierbüchlein für Anna Magdalena Bach“ aus dem Seefunk-Lautsprecher. Dann legt ziemlich laut drei Mal eine Stimme nach: „Delta Alpha Alpha Sierra“ – das ist das Sammelrufzeichen für alle Seefunkstellen. Delta Papa Null Sieben, so das Rufzeichen des Absenders, ist niemand anders als Kapitän Diezel und sein Küstenfunk. Gesendet wird hier heute keine Seenotmeldung, sondern der aktuelle Seewetterbericht. Seine Stimme und die Melodie klingt für uns schon am dritten Tag sehr vertraut – und seine Sendungen strukturieren den Tagesablauf vom Aufstehen bis zum ins Bett gehen. Später finde ich im Netz die Berichte vieler Segler, für die die Melodie und die Stimme von Kapitän Diezel unverwechselbar für den Bootsurlaub im Sommer stehen.
Auch bei uns hinterlässt er seine Spuren und ich höre manchmal auch nach dem Urlaub im Internet-Livestream mit (http://dp07.com/). Besonders schön ist eigentlich die große Konferenz nach dem Wetterbericht, wenn Schiffe der gesamten deutschen Seeküste miteinander sprechen. Vor allem abends scheint der ein oder andere Segler auch etwas betrunken zu sein und erzählt Kauderwelsch. Das ist leider nicht online nachzuhören.
Wir starten mit dem Frühstück an Bord. Leider nicht an Deck, da es zu frisch erscheint. Allerdings ist draußen herrliches Wetter mit blauem Himmel und Sonnenschein. Da bekommt man richtig gute Laune.
Nach dem Auslaufen (und dem perfekten Ableger) stellt sich heraus, dass der angekündigte Westwind real ein Südost ist. Dummerweise liegt unser Ziel Lübeck genau in Südost. Das bedeutet: Kreuzen. Anfangs ist noch guter Wind und wir kommen gut voran. Ich schiesse ein paar Bilder vom Schönwettersegeln. Moli am Steuer.
Der Wind flaut ab. Mitten in der Lübecker Bucht herrscht nun auf einmal Krieg und wir werden Zeugen, wie in Deutschland sinnlos Steuergelder vergeudet werden. Zwei Militärschiffe sind auf See und stellen wohl einen Luftangriff nach. Ein Tiefflieger rauscht immer wieder in Masthöhe übers Meer und die Kriegsschiffe stellen wohl Abfangmanöver nach. Man hört Schüsse. So geht das stundenlang. Zur Sicherheit schaue ich noch einmal in die Karte, ob wir (und auch die anderen Segler) auch wirklich kein Schießgebiet durchfahren. Ich stelle fest: Alles prima – und hoffe auf Platzpatronen. Etwas befremdlich ist es aber schon, wenn so ein Militärjet aus den Wolken im Sturzflug auf einen zukommt und erst kurz über dem Boot wieder nach oben zieht.
Als unsere Fahrt um 16 Uhr – noch viel zu weit weg von Travemünde – auf unter 2 Knoten fällt, werfe ich den Motor an. In Travemünde dann ist der Wind auf einmal wieder da. Keine Ahnung warum er sich heut nicht entscheiden kann. Es ist schon spät und so beschließen wir, in Travemünde zu bleiben. Außerdem liegt Lübeck gut auf dem Heimweg, da wollen wir bei der Rücktour lieber mit dem Auto noch einmal Halt machen, als die jeweils 2 Stunden Hin- und Rückfahrt auf der Trave zeitlich zu vergeuden. Und Travemünde soll auch ganz toll sein. Es gelingt ein perfekter Anleger. Naja, nicht ganz perfekt. Um ein Abbrechen der Fahnenstange zu vermeiden, will ich sie aus der Befestigung lösen – die Fahnenstange geht nämlich gern kaputt, wenn sie an einen Dalben kommt. Dummerweise ist das Holz morsch und es passiert genau das, was ich vermeiden wollte. Die Stange bricht unten an der Befestigung ab. Aber das kann man reparieren.
Abends schauen wir uns die Stadt an, gehen auf die Mole, gehen Essen und naja, hätten von Travemünde etwas mehr erwartet. Beeindruckend war es, im Hafen immer wieder die großen Fährschiffe vorbeifahren zu sehen. In der Nacht wurden wir einige Male von deren Schraubenrasseln wach, wenn die sieben- bis zehnstöckigen Hotels auf das offene Meer herausfuhren.

Sonntag, 8. August 2010

Aufbruch im Regen und in die falsche Richtung

Kurs 315°. Das ungefähr ist die Richtung, in die wir fahren müssen, um nach Dänemark zu kommen. 315°, das ungefähr ist die Richtung, aus der heut Morgen der Wind weht. Blöder Petrus. Ich sitze vor der Karte und überlege, wie dicht ich an den Wind heran müsste, um doch noch und nur mit einem kleinen Kreuzschlag das Ziel zu erreichen. Nach ein paar Minuten überlegen und einer Schätzung der Fahrtzeit unter günstigen Bedingungen von zehn Stunden leg ich das Kursdreieck beiseite und erkläre Dänemark für gestorben. Gegen den Wind ist die Strecke ganz einfach zu weit. Stattdessen wähle ich Grömitz als erstes Ziel und damit die Lübecker Bucht als Fahrtgebiet – Dorthin kann uns der Nordwest gut Raumschots schieben. Und man kommt bei fast allen Winden hin und auch wieder zurück. Und es gibt keine mörderische erste Etappe.
Der Ableger gelingt auch unter den kritischen Augen unserer Liegeplatznachbarn perfekt. Die Erfahrung, Ausbildung und das eigene Boot haben sich eben doch bezahlt gemacht. Moli scheint es am Steuer richtig Spaß zu machen, als Sie uns aufs offene Meer zufährt, während ich die Segel klarmache.
Dann das erste Mal hoch mit allem was wir haben. Anders als bei allen anderen Booten, die ich bisher gechartert oder in der Ausbildung gefahren habe, geht das Groß endlich mal per Hand und ganz leicht hoch. Eins fix drei stehen die Segel ohne Winschen und der Motor ist aus. Grömitz, wir kommen!
Was nun allerdings einsetzt ist Dauerregen und eine Temperatur, die nicht für alle an Bord erträglich ist. Der Wind dreht dazu auf Südwest und nur ganz knapp können wir hoch am Wind den Kurs auf Grömitz halten. Ich denke mir so, dass wir bei diesem Wind auch wunderbar nach Dänemark hätten fahren können. Gleichzeitig bin ich froh, dass unser Ziel nur noch 15 Seemeilen entfernt liegt, sodass wir noch halbwegs pünktlich ankommen. Unsere Abfahrt jedenfalls hatte sich stark verspätet, weil ich mich noch mit den Geräten vertraut machen musste.
Gegen 20 Uhr laufen wir endlich in Grömitz ein. Nicht ein freier Platz im Hafen! Verzweifelt legen wir in einer Box an, die eindeutig mit Rot gekennzeichnet ist. Das heisst so viel wie, dass dort ein fester Mieter liegt, der gerade nicht da ist. Wir hoffen einfach drauf, dass heute Nacht keiner am Boot klopft und uns freundlich oder auch weniger freundlich zum Verlassen des Platzes auffordert. Nach unzähligen (perfekten) Wenden auf engstem Raum im Hafen gelingt der erste Boxenanleger perfekt.
Moli ist völlig durchgekühlt und ich kümmere mich erstmal darum, sie warm zu bekommen. Gott sei Dank hat das Boot eine Heizung – Die Aufnahme der Heizung als Auswahlkriterium hat sich somit bezahlt gemacht. Später versuche ich noch den Hafenmeister zu erwischen, doch der hat längst Feierabend. Auf dem Weg entschädigt aber ein wunderschöner Sonnenuntergang die Strapazen. Und Moli ist glücklich, weil ich mit Netbook und DVB-T-Stick den Tatort auf den Bildschirm bekomme.

Samstag, 7. August 2010

Endlich wieder ans Meer – Die Anreise

Theoretische SKS-Ausbildung im Winter. Eigenes Boot im Wasser im Frühjahr. Praxistörn ebenfalls im Frühjahr. Und nun endlich wieder Bootsurlaub! Es geht Schlag auf Schlag in meiner Seglerkarriere, auch wenn ich viel zu spät damit angefangen habe!
Gebucht habe ich den Kahn dieses Jahr allerdings erst etwa vier Wochen vor dem Törn. Zu lange war unsicher, ob überhaupt Zeit und Wille für das diesjährige Projekt vorhanden war. Und so fehlen die sechs Monate, die man sich üblicherweise auf so ein Ereignis freuen kann – Reisen lange im Voraus planen und die damit verbundene lange Vorbereitungsphase können den Alltag doch sehr versüßen.
Gebucht habe ich am Ende ein Schiff, das schon etwas in die Jahre gekommen ist. Eine Bavaria 890, 9 Meter lang und fast 30 Jahre alt sollte eine Woche lang die Heimat für Moli und mich werden. Wichtig waren mir Ausstattungsmerkmale wie ein Einleinenreffsystem, Autopilot und Heizung. Das geplante Ziel: Dänemark.
Kurz vor der Reise habe ich schließlich doch noch zwei Dänemark-Reiseführer erstanden, um etwas Vorfreude zu erzeugen. Einen Reiseführer für die See und einen für das Land. Aber irgendwie blättere ich nur recht selten darin herum.
Einen Tag vor Anreise rufe ich den Eigner an und frage ihn, wie das mit der Übergabe ist. Es stellt sich heraus, dass wir das Boot schon am Samstag Vormittag und eben nicht Nachmittag übernehmen können. Einen Tag gewonnen.
Jedoch sind wir am Anreisetag so fertig, dass wir ein Auslaufen von Burgtiefe auf Fehmarn nach Heiligenhafen dann doch nicht bereits am ersten Tag umsetzen. Stattdessen lassen wir uns am Südstrand die Sonne auf die Nase brennen, gehen baden und können nicht genug von diesem herrlichen Quark an der Quarkeria bekommen. Meine Empfehlung: Orangenquark mit Obstsalat.

Freitag, 6. August 2010

Dienstag, 20. Juli 2010

Wind und Welle

Eigene Fotos hatte ich auf der Nordsee nicht gemacht. Aber die Crew hat ein paar rumgeschickt. Hier war es ganz schön windig und wellig, die für mich bisher extremste Segelerfahrung. Ich freu mich auf den Segelurlaub diesen Sommer und hoffe, dass nichts dazwischen kommt und hoffe für meine Crew, dass das Wetter nciht ganz so mies wird wie bei der Ausbildung!

Donnerstag, 10. Juni 2010

Jungfernfahrt mit Geli

Eigentlich war der Plan, das Boot möglichst früh in diesem Jahr ins Wasser zu lassen. April und Mai haben bereits wunderbare warme Tage, an denen man herrlich segeln kann. Einen Strich durch die Rechnung machte mir nicht nur meine enge Zeitplanung, sondern vor allem auch „Jack“, wie ich mal meinen „Johnson“ 4PS Außenborder mal nennen will. Der nämlich wollte nicht anspringen uns bescherte mir saftige Rechnungen: Für die Marina, weil ich nicht wegkam und für den Arzt für Jack.
Das bitterste aber war, dass ich Geli quasi den gesamten April und Mai nicht nutzen konnte. Die wenigen Wochenenden, die sowohl vom Wetter als auch von meinem Zeitplan her zum Segeln taugten, fielen aus, weil ich mich ohne Motor und ohne die Segel auch nur einmal getestet zu haben nicht allein auf das Wasser getraut habe. Schon das Navigieren in der Marina allein mit dem Paddel war mir zu risikoreich, da die Gassen eng und die Boote teuer waren. Als Papa dann paddeln helfen wollte, war der Wind viel zu stark. Im Nachhinein eine gute Entscheidung, dass wir es sein gelassen haben. Inzwischen weiß ich wie stark man paddeln muss um den Kahn zu bewegen. Wir hätten keine Chance gehabt und wären voll ans Land oder andere Boote geknallt.
Irgendwann Ende April war es dann endlich soweit: Der Motor funktionierte zwar immer noch nicht, aber um Kosten zu sparen wollte ich endlich rüber zum Liegeplatz, gerade weil auch eine Woche SKS-Törn anstand, in der ich nichts machen konnte. Der Plan: Morgens vor der Arbeit den Kahn rübersegeln. Moli hat geholfen. Gott sei Dank, denn es war quasi Windstille. Aus dem Segeln wurde Paddeln. Und für den einen Kilometer haben wir gute drei Stunden gebraucht. Spaß hat es dennoch gemacht.
Irgendwann im Mai dann war endlich auch Jack repariert. Und Ende Mai nach vielen stressigen und belegten Wochenenden rund um eine große Feier bei Moli war endlich Platz für die Jungfernfahrt. Ideale Windverhältnisse, nicht zu stark, aber ausreichend zum Fahren. Moli am Steuer – und es schien ihr richtig Spaß zu machen. Vor dem Grunewaldturm wurde geankert (Hurra, einen Anker habe ich auch an Bord gefunden!) und das schöne Wetter genossen. Und erst mit dem Sonnenuntergang sollten wir an diesem Tag wieder den Liegeplatz erreichen. Das Anlegen klappte erstaunlich gut – Dank dessen, was ich im SKS-Törn gelernt habe.
Jetzt im Juni, wo wieder viele Wochenenden belegt sind, habe ich einfach mal einen Tag in der Woche frei genommen, als das Wetter ideal war – und ich habe etwas für mich heftiges gewagt: Ich bin ALLEIN rausgefahren. Wenig Wind am Liegeplatz vermittelte mir die Sicherheit, das tun zu können.
Das Ablegemanöver war doch von größeren Ängsten gekennzeichnet. Der Wind kam von vorn und ich musste doch vorn zuerst losmachen. Dabei ist die Luvleine doch die letzte, die man losmacht. Gelöst habe ich das Problem mit Vorwärtsschub, sodass meine Achterleine zur Quasi-Luvleine wurde.
Das Segelsetzen war auch eine Herausforderung, klappte aber erstaunlich gut. Der Motor hält gut den Kurs mit etwas Gas ohne dass jemand am Steuer sitzt. Wenn der Wind schwächer ist schafft man es bequem, das Segel zu setzen.
Dann folgte entspanntes Einhandsegeln. Auch wenn ich ziemlich langsam unterwegs war, war es dennoch einfach nur schön. Ich rief beim Segeln Papa an, um von meinem Erfolg zu erzählen.
Am Grunewaldturm wurde der Wind aber auf einmal heftig böig. Viele Boote hatten 45° Krängung und ich mit meinem kenterbaren Jollenkreuzer nur noch Schiss. Ich ging auf Raumwindkurs und suchte eine windgeschützte Stelle zum Segelbergen und Ankern.
Als der Anker gefallen war machte ich mich mit der Funktion der Badeleiter vertraut. Herrlich warm das Wasser! Ich hatte tierisch Spaß. Aber irgendwie wäre es zu Zweit deutlich schöner gewesen!
Nun folgte noch das Anlegemanöver, vor dem ich große Angst hatte so ganz allein. Aber ich erinnerte mich an Jörgs Worte, der uns beibrachte, alles mit nur einer einzigen Leine zu machen. Und siehe da: Es funktioniert! Man braucht nur die achterne Luvleine und kann sich dann entspannt um alle anderen Leinen kümmern.
Jetzt bin ich ein echter Kolumbus auf der Havel!

Immerhin überlebt!

Zum tagtäglichen Davonträumen zählt für mich auch das Verfolgen einiger derer, die zumindest teilweise meinen Traum leben. Zweien ist jetzt der der BGAU passiert, der „beinahe“ größte anzunehmende Unfall.
Immer jünger werden die Weltumseglerinnen, die derzeitige Rekordjägerin hat es im indischen Ozean getroffen. Neun Meter Welle haben den Mast zerlegt, das EPIRB wurde wohl aktiviert, aber Mrs. Sunderland geht es gut.
Eigentlich hab ich immer gesagt, dieses EPIRB dient nur als Anzeige für die Angehörigen, dass man mit Sicherheit tot ist. Aber klar, wenn die Wellen die Takelage, alle Wanten und Stagen und Antennen wegsäbeln, dann ist da nichts mehr, mit dem man funken kann. Das EPRIB kann in so einem Moment recht hilfreich sein, wenn kein Satellitentelefon an Bord ist.
Mehr getroffen hat mich das Schicksal von Bernt Lüchtenborg, dessen Havarie mich am selben Tag wie das der Mrs. Sunderland über seine Homepage http://sail2horizons.com/ erreichte. Seit Monaten verfolge ich nun schon seine Reise in seinem Online-Blog. In seinem Buch bin ich eher ins Stocken geraten.
Ein Querschläger hat nach der erfolgreichen Kap Hoorn Rundung (im dortigen Winter!) sein Handgelenk verletzt und die Aries zerstört. Als es passierte war er gar nicht weit weg von der Position, bei der Johanna und Klaus, jene Protagonisten des fast wie eine Initialzündung wirkenden und mich fesselnden Buches zu ihrer Weltumsegelung, ihr Boot und ihr Leben verloren. In seinem Buch und auch bei seiner ersten seiner doppelten Weltumseglung hat Lüchtenborg auf Johanna und Klaus verwiesen, er kennt ihr Schicksal und denkt bei dieser Position wohl ganz natürlich an deren Schicksal.
Lüchtenborg hat sein traumhaftes Schiff an die Felsen des Beagle-Kanals verloren, nachdem der Wind zu stark für den Anker war und er versuchte das Schiff segelnd zu retten. Aber Gott sei Dank ist er wohlauf. Damit dürfte er allerdings einen Großteil dessen verloren haben, was Leben für ihn ausmachte, noch dazu der negative - wenn wohl auch selbst eingehandelte - Medienrummel. Ich habe großen Respekt vor ihm - egal wie viele Leute an Bord und wie viele Häfen er angelaufen hat - und habe gerade in den letzten Monaten oft darüber nachgedacht, dass wohl auch aus mir – wenn dann – eher einer dieser Einhandsegler (mit Ab-und-zu-Begleitung) werden wird, die irgendwie – wenn man den Büchern glaubt – spezielle und sonderbare Eigenschaften haben, die ich allerdings auch bei mir vorzufinden glaube.
Dennoch, einmal mehr sei ich gewarnt: Lass die Finger von diesem Kap Hoorn. Auch Skipper Jörg sagte: „Das mach ich nie wieder“. Ich will mein Leben nicht unnötig riskieren und hoffe, dass ich mich daran erinnere, wenn ich mal soweit bin, dass ich es theoretisch machen könnte. Kap Hoorn will ich mal sehen, die Antarktis auch, aber das soll nicht auf eigenem Kiel und auf gar keinen Fall allein sein.