Es ist vier Uhr. Der Wind pfeift durchs Rigg und ich kann beim besten Willen nicht schlafen. Andauernd hab ich das Gefühl, eine Leine könnte sich lösen und der immer noch stark auflandige Wind drückt uns irgendwo gegen. Natürlich hab ich luvseitig doppelt Leinen gelegt. Es sollte alles sicher sein. So richtig vertraue ich der Sache aber nicht. Hinzukommen die 15 cm unterm Kiel…Was, wenn der Pegel sinkt?! Aber der Tiefenmesser gibt Entwarnung.
Acht Uhr. Der Wecker rasselt. Noch einmal zum Strand und Abschied nehmen von dieser wunderbaren Insel. Dann so schnell wie möglich weg von diesem ungeschützten Liegeplatz. Es gelingt ein perfektes Ablegemanöver aus der Box.
Der Wind kommt inzwischen aus Süd. Das ist genau die Richtung, in der unser Ziel Stralsund liegt. Der Motor wird heute wohl anbleiben. Zudem setzt Regen ein. Hauptsache wir bleiben in der Fahrrinne, denke ich mir.Es schwimmt komisches Zeug im Wasser, es sieht aus wie herausgerissenes Schilf. Einmal kann ich nicht mehr ausweichen und fahre genau durch. Im gleichen Moment geht die Drehzahl unseres Motors extrem herunter. Das Zeug muss sich um die Schraube gewickelt haben. Schnell stoppe ich, fahre kurz Rückwärts, in der Hoffnung das Zeug löst sich wieder. Beim Vorwärtsgang merke ich: der Plan ging auf.
Der Wind dreht auf Südwest. Ich habe die Idee, zur Unterstützung des Motors das Fock zu setzen. Guter Plan – Geschwindigkeitsverdoppelung. Irgendwann machen wir den Motor aus. Aber warum wird dieser verfluchte Wind immer stärker? Nur unter Fock laufen wir fünf Knoten am Wind, manchmal auch bei halben Wind. Warum legt uns der Wind jetzt nur unter Fock eigentlich auf gefühlte 60° auf die Seite? Warum kreuzen hier so viele Seenotrettungskreuzer. Wir haben etwas Schiss. Es muss irgendein Düseneffekt sein, der durch die kleine Öffnung zwischen Hiddensee und dem Darß entstehen muss. Irgendwann wird es zu hart. Wir haben zu sehr Sorge und beschließen, alle Segel zu bergen und unter Motor weiter zu fahren. Allerdings nehmen wir beim Schiessen in den Wind beinahe eine Sandbank mit, irgendwie waren wir schon ein Tonnenpaar weiter als gedacht.
Endlich im geschützten Stralsunder Hafen. Wir legen ganz außen an der Mole an. Die Momo ist etwas zu klein für den Platz, aber dank zahlreicher Fender sollte das hier kein Problem darstellen. Wir beschließen den Tag mit einem Rundgang durch Stralsund. Uns wird klar, dass morgen unser letzter Tag auf See ist und Melancholie macht sich breit. Aber ich lasse mir nichts anmerken und schrubbe erst einmal ordentlich das Deck. Danach schenkt uns der Wettergott einen wunderbaren Abendhimmel, der nicht oft genug fotografiert werden kann.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen